Reinhold Jäcklein als Putzpoet
Was macht eine gute Putzfassade aus?
Zunächst mal Haltbarkeit und die Fähigkeit, würdig zu altern!
Die handwerkliche Ausführung, das richtige Material, die passende Oberfläche und Farbe für das Gebäude und das stadträumliche Umfeld spielen dabei auch eine Rolle.
Wie viel poetische Kraft steckt in einer guten Putzfassade?
Die poetische Kraft einer Putzfassade, was könnte das sein? – Eine Putzfassade mit aufgemalten Gedichten, mit Lüftlmalerei, barocken Stuckfassungen oder Graffitis?
Vielleicht entsteht so etwas wie Poesie, wenn alles zusammenpasst: Die Architektur zum Ort, der Putz zur Architektur und der richtige Moment, in dem der Betrachter das Gebäude erlebt, wenn das Tageslicht die Fassade „verzaubert“.
Möglicherweise spielt auch die Geschichte des Gebäudes eine Rolle, die im Putz ablesbar wird. Ein ausgebesserter Sockel, eine nachträglich vermauerte Fensteröffnung oder bewitterte Flächen, die stärker auswaschen als geschützte Bereiche sind eine Art Gedächtnis der Fassade.
Was kann Putz, was ein anderes Fassadenmaterial nicht kann?
Putzfassaden bieten vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Sie können glatt, rau, bewegt, farbig, strukturiert, aufwendig, einfach, bemalt … sein. In Putzfassaden zeigt sich sehr deutlich die individuelle Handschrift des ausführenden Verputzers.
Was sind Ihre persönlichen Putz-Favoriten hinsichtlich Farbe und Struktur?
Das hängt vom Gebäude ab. Ich mag gerne bewegte Putzfassaden mit mineralischen Putzen und Farben, vorzugsweise auf monolithischem Mauerwerk.
Wie kam Ihnen die Idee für die Fassadengestaltung der Verbandschule in Volkach? Gab es dafür eine bestimmte Inspiration?
Der Bauherr wünschte sich für das Gebäude eine Putzfassade. Wir wollten der Fassade mit der ornamentalen Oberfläche Qualität und Wertigkeit verleihen. Wir konnten das Thema des Ornaments auch als Abdruck in den Weißbetonoberflächen der Fluchtbalkone und als Gitter vor den Fensterflügeln zur Nachtauskühlung übertragen. Durch die technische Möglichkeit eines „Schablonenplots“ war davon auszugehen, dass auch in einem Ausschreibungsverfahren für öffentlich geförderte Bauvorhaben die beauftragten Verputzer in der Lage wären, die Arbeiten wunschgemäß auszuführen. Dafür mussten wir ein Muster finden, das wir digital vorbereiten konnten. Die Schablonenplots konnten die Verputzer dann wie eine Tapetenwand auf der Fassade zusammensetzen und nach dem Anstrich wieder abziehen. Das Verfahren ist dennoch aufwendig und verlangt eine qualitätsvolle Ausführung.
Welche Botschaft zum Thema Putzfassade haben Sie für andere Architekt*innen?
Putzfassaden müssen, insbesondere wenn Außendämmungen gewünscht werden, sehr sorgfältig geplant und die Ausführung überwacht werden, um bauphysikalische Probleme zu vermeiden. Hilfreich ist sicherlich, bereits bei der Planung den Verputzer seines Vertrauens zu Rate zu ziehen. Komplexe Putzfassaden können nur mit erfahrenen und engagierten Handwerkern ordentlich ausgeführt werden.