Philipp Auer als Putzpoet
Was macht eine gute Putzfassade aus?
Sie sollte gut altern können.
Sie sollte ein durch und durch mineralisches System sein.
Sie sollte so robust und hochwertig sein, dass man sein Gebäude nicht „WDVS-Kiste“ nennen muss.
Wie viel poetische Kraft steckt in einer guten Putzfassade?
… dass man dem Putz seinen Entstehungs- und Verarbeitungsprozess ansieht. Keine Fläche gleicht exakt der anderen, und die Strukturen sind wie das eingefrorene Bewegungsmuster der verarbeitenden Personen.
Was kann Putz, was ein anderes Fassadenmaterial nicht kann?
Putz wird nicht als fertiges Produkt montiert, sondern entsteht prozesshaft, beeinflusst durch die Wahl der Zuschläge, der Werkzeuge und nicht zuletzt durch die Verarbeitung auf der Baustelle. Er ist individueller Fingerabdruck des jeweiligen Verarbeiters – die Qualität entsteht vor Ort, nicht im Werk.
Was sind Ihre persönlichen Putz-Favoriten hinsichtlich Farbe und Struktur?
Es gefällt mir zu sehen, welches Werkzeug verwendet wurde – ob Besen, Zahntraufel oder Anwurfkelle – und dass Handarbeit, die immer auch einen Grad an Imperfektion mit sich bringt, eine große ästhetische Kraft entfalten kann. Die Dreidimensionalität ausgeprägter Putzstrukturen reagiert auf sich wandelnde Lichtverhältnisse und lässt Farben unterschiedlich intensiv erscheinen bis dahin, dass man bei Strukturputzen sogar mit bichromen Farbaufträgen spielen kann.
Welche Botschaft zum Thema Putzfassade haben Sie für Architekten?
Mut zur Struktur – sie definiert sich nicht nur durch die Korngröße. Putz kann viel mehr!